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Inside re:cap
Interview

Startup-Gründung: "Die Suche nach einem Mitgründer ist wie die Suche nach einem Lebenspartner"

January 24, 2023
3 Minuten Lesezeit
re:cap_Startup Gründung

re:cap wurde 2021 von Paul Becker und Jonas Tebbe gegründet. Gemeinsam mit re:cap-CTO Arne Zeising haben die drei bereits mehrere Unternehmen gegründet.

Noch während des Studiums bauten sie owlhub auf, eine Mikro-Investment-Lösung. Danach gründeten sie die Investmentplattform LIQID, ein bis heute erfolgreiches Fintech. Es folgte eine Zwischenstation bei &do, einer Beratungsagentur für Venture Building, die Paul, Jonas und Arne ebenfalls gemeinsam betrieben – bevor sie mit re:cap ihr nächstes Fintech in Angriff nahmen.

Im Interview erklären Jonas und Paul die wichtigsten Lektionen, die sie aus ihren gemeinsamen Startups gelernt haben und welche Tipps sie angehenden Gründer:innen mit auf den Weg geben möchten.

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Startup-Gründung: Worauf kommt es an?

Ihr habt gemeinsam studiert und gegründet, eure Hintergründe ähneln sich zunächst einmal. Wo liegen die Unterschiede in euren Stärken?

Jonas: Wir haben alle Informatik und Betriebswirtschaft studiert, aber innerhalb dieses Fachgebiets hat jeder von uns andere Schwerpunkte gesetzt. Pauls Schwerpunkt war und ist die Wirtschaft, Arnes Schwerpunkt ist Informatik. Meine Schwerpunkte und Stärken liegen dazwischen. Gemeinsam decken wir alles ab, was für den Aufbau eines Unternehmens erforderlich ist: Marketing, Vertrieb, Management, Fundraising, technische Aspekte, Strategie und Prozesse.

Paul: Wir vertreten auch die gleichen Werte und kommen sehr gut miteinander aus. Das hilft.

Was sind das für Werte?

Paul: Unsere Arbeit ist für uns kein Side Hustle. Wir sind bereit, viel Lebenszeit in unternehmerische Projekte zu stecken. Außerdem sind wir alle sehr strukturiert, um nicht zu sagen strukturverliebt. Das beugt vielen Konflikten vor. Und drittens ist uns die Kommunikation sehr wichtig. Wir sagen uns immer ehrlich die Meinung.

Was würdet ihr anderen bei der Co-Gründer-Wahl empfehlen?

Jonas: Ein Unternehmen zu gründen ist eine Herausforderung. Ich kann niemandem empfehlen, das alleine zu bewältigen. Nur mit Mitgründer:innen kann man sich wirklich auf Augenhöhe austauschen, was mit anderen Teammitgliedern nicht in dieser Tiefe möglich ist. Und zweitens sollten sich die Gründer:innen gegenseitig ergänzen.

Paul: Ich bin überhaupt kein Fan von gescouteten Gründungsteams. Das mag in Einzelfällen funktionieren, etwa bei einigen Company Buildern, aber es ist eher die Ausnahme als die Regel. Die Suche nach einem geeigneten Mitgründer ist vergleichbar mit der Suche nach einem Lebenspartner – es muss wirklich gut passen, auf vielen Ebenen. Das macht man nicht einfach nebenbei.

Was hättet ihr vor eurer ersten Gründung gern gewusst?

Paul: Wie viel können wir arbeiten und wo liegen unsere Grenzen? Als Gründer gibt man natürlich alles, aber jeder hat seine Grenze. Das lernt man irgendwann. Die zweite Erkenntnis: Es lohnt sich, zu verstehen, wie VCs denken und welche Kriterien sie anwenden. Das war mir persönlich von Anfang an nicht klar. VCs verfolgen Interessen für ihr eigenes Geschäft, die nicht immer mit den Interessen der Gründer übereinstimmen. Ihr Geschäft und ihre Beweggründe zu verstehen, ist sehr hilfreich.

Jonas: Alle kochen nur mit Wasser. Was andere können, kann man auch selbst machen, wenn man sich wirklich Mühe gibt. Man kann es sogar ohne Vorkenntnisse oder Netzwerk tun, auch wenn es eine noch größere Herausforderung ist – aber es ist möglich. Eine zweite Sache, die Gründer:innen vor Augen haben sollte: Wer mit VCs arbeitet, lässt sich auf etwas Langfristiges ein. Diese Entscheidung lässt sich nicht nach einem Jahr wieder rückgängig machen. Wir sprechen hier eher von zehn oder 15 Jahren, in denen man Verpflichtungen nachkommen und seine Geldgeber zufrieden stellen muss.

Welche Learnings konntet ihr für die Gründung von re:cap nutzen? Was habt ihr anders gemacht als bei den vorhergehenden Gründungen?

Paul: Wir wussten, wie die Organisationsstruktur funktionieren sollte. Wir hatten auch ein besseres Gespür dafür, wann wir erfahrene Teammitglieder an Bord holen sollten, nämlich so früh wie möglich. Auf Ebene der Investoren:innen haben wir uns bei re:cap dafür entschieden, den Captable sehr international aufzustellen. Außerdem war uns wichtig, mit Risikokapitalgebern zu arbeiten, die größere Reserven besitzen und uns für längere Zeit finanzieren können. Unser re:cap Captable ist nach nur einem Jahr extrem stark, auf der Basis können wir hervorragend unser Geschäft weiter aufbauen. Und zuletzt hat es mir geholfen, dass ich mir bei LIQID sehr umfangreiches Marketingwissen angeeignet habe. Ich kann Gründenden nur empfehlen, sich in mindestens einem Themengebiet wirklich auf Expertenlevel einzuarbeiten.

Jonas: Als wir re:cap gegründet haben, wussten wir, wie wichtig transparente Kommunikation ist. Wenn man etwas vorgibt, was nicht stimmt, kommt man nicht weiter. Wirklich gute Zusammenarbeit funktioniert nur mit Transparenz. Dazu kann auch gehören, dass man Kritik übt oder seinen Mitarbeitenden nicht verschweigt, wenn es nicht so gut läuft. Was Fundraising angeht, war auch unsere Zeit bei &do hilfreich. Die Frage "Wollen wir überhaupt VCs an Bord holen?" hatten wir uns bei LIQID gar nicht gestellt. Durch unsere Erfahrungen bei &do war das bei re:cap dann ganz anders.

Was war bei der re:cap-Gründung anders als bei den Gründungen davor?

Paul: Wir sind mit größeren Erwartungen an re:cap herangegangen. Wir wussten bereits, wie man ein Produkt entwickelt, zahlende Kunden akquiriert, Kapital beschafft und ein Team aufbaut. Insofern konnten wir uns auf darüber hinausgehende Herausforderungen konzentrieren und uns höhere Ziele setzen, wie Skalierung und Internationalisierung. Außerdem haben wir beide bei LIQID eher operativ gearbeitet, während unsere Aufgaben bei re:cap komplexer sind. Hier sind wir zum Beispiel auch für das Fundraising zuständig. Das hätten wir früher vielleicht nicht abdecken können, aber jetzt können wir es.

Jonas: Als wir re:cap gegründet und aufgebaut haben, sind wir einfach sehr bewusst vorgegangen. Nichts ist zufällig passiert. Der Prozess war gut planbar. Das war bei LIQID nicht der Fall, da haben wir spontan herausgefunden, wie alles funktioniert.

Wie kamt ihr zu dem Thema Alternative Debt Financing?

Jonas: Bei &do haben wir Investoren:innen bei Due-Diligence-Projekten unterstützt und ihnen bei der Bewertung von Tech-Unternehmen geholfen. Dabei haben wir festgestellt, wie viel Verbesserungspotenzial es gibt, um Prozesse besser zu strukturieren. Außerdem muss man sich als Gründer natürlich zwangsläufig mit dem Thema Finanzierung beschäftigen. Das Thema Fremdfinanzierung kannte früher fast niemand, das ändert sich seit einiger Zeit. Dadurch kamen wir auf die Idee, re:cap zu gründen.

Was sind eure Tipps für zukünftige Gründerinnen und Gründer?

Paul: Ein Unternehmen zu gründen ist etwas ganz anderes als eine Karriere, wenn man angestellt ist. Ich habe den Eindruck, dass das manchmal nicht allen klar ist und manche denken "Investmentbanking ist irgendwie nicht mehr so cool – dann gründe ich eben ein Internet-Startup". Aber das funktioniert selten. Man sollte sich bewusst sein, was das für eine Entscheidung ist.

Zweitens: Wenn du dich für ein eher risikobehaftetes Thema entschieden hast, für das es noch keinen klaren Business Case gibt, musst du echte Leidenschaft dafür mitbringen. Wenn sich nämlich der Business Case irgendwann in Luft auflöst, dadurch dass zum Beispiel neue Wettbewerber auf den Markt kommen, die Nachfrage ausbleibt oder die Kundenerwartung anders ist als gedacht, hilft es sehr, für das Thema zu brennen. Aus meiner Erfahrung passiert das deutlich häufiger, als dass der Business Case eins zu eins in der Realität eintritt.

Jonas: Vertraue darauf, dass es wirklich für alles eine Lösung gibt – egal wie groß das Problem ist.

Wofür steht ihr morgens auf?

Jonas: Ich habe einen inneren Drang, mich selbst zu verwirklichen. Ich suche und finde Erfüllung darin, etwas Neues zu schaffen, etwas, das es noch nicht gibt. Damit möchte ich Prozesse und Branchen verändern.

Paul: Es ist großartig, dass man so etwas wie die Gründung und den Aufbau von re:cap überhaupt machen kann, dass man eine solche Chance bekommt. Diese Chance will ich nicht verspielen. Das ist ein sehr gut Grund, jeden Tag alles zu geben.

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