Wiederkehrende Umsätze, eigene Metriken, maßgeschneiderte Finanzierungen: Das SaaS-Funding von Startups funktioniert nach anderen Kriterien als die übliche Unternehmensfinanzierung. Worauf müssen SaaS-Unternehmen achten?
Was ist ein SaaS-Funding?
SaaS-Funding, SaaS-Financing oder SaaS-Finanzierungen beschreibt den Prozess der Finanzierung von SaaS-Unternehmen. Es richtet sich an Unternehmen, die ein Software-as-a-Service oder subscription-based Geschäftsmodell anbieten. Dieses Kapital wird typischerweise für die Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb und Neueinstellung gebraucht.
SaaS-Unternehmen haben ein einzigartiges Geschäftsmodell. Sie erzielen regelmäßige Umsätze aus wiederkehrenden Einnahmen. Die Umsätze treten in Form von Annual Recurring Revenue (ARR) oder Monthly Recurring Revenue (MRR) auf. Das erhöht die Planbarkeit. Um sie kontinuierlich zu steigern, muss der Kundenstamm wachsen. Gleichzeitig ist der Wettbewerb auf dem SaaS-Markt in den vergangenen Jahren massiv gestiegen – gerade in der lukrativen DACH-Region. Dafür benötigt ein SaaS-Business entsprechendes Kapital.
Durch diese planbaren Umsätze haben SaaS-Unternehmen Zugang zu Finanzierungsmodellen, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten werden können. Dank der regelmäßigen Umsätze können Investor:innen bei einer Finanzierung besser einschätzen, wie hoch das Risiko ist und wie sich das Unternehmen künftig entwickeln wird.
Warum ist SaaS-Funding besonders?
SaaS-Funding ist aufgrund mehrerer Faktoren anders als andere Finanzierungen:
- Wiederkehrender Umsatz: SaaS-Unternehmen arbeiten mit einem Abo-Modell, bei dem Kund:innen regelmäßige Gebühren für die Software-Nutzung bezahlen. Diese vorhersehbaren Umsätze sind für Investor:innen attraktiv, da sie eine größere Transparenz über zukünftige Cashflows bieten.
- Skalierbarkeit und Wachstumspotenzial: SaaS-Unternehmen haben das Potenzial für schnelle Skalierbarkeit ohne proportionalen Kostenanstieg. Mit zunehmender Kundenzahl kann der Umsatz exponentiell wachsen, ohne dass zusätzliche Ausgaben erforderlich sind.
- Technologie und Innovation: SaaS-Unternehmen operieren in einem dynamischen Markt, in dem Technologie eine entscheidende Rolle spielt. Investor:innen berücksichtigen Faktoren wie Softwarequalität oder Unterscheidungsmerkmalen gegenüber dem Wettbewerb.
- Kennzahlen und KPIs: SaaS-Funding dreht sich oft um spezifische Kennzahlen, die einzigartig für die Branche sind.
- Exit-Möglichkeiten: SaaS-Unternehmen können im Vergleich zu anderen Unternehmen unterschiedliche Exit-Möglichkeiten haben. Potenzielle Exit-Strategien umfassen die Übernahme durch größere Tech-Firmen, Börsengänge oder Fusionen mit anderen Unternehmen.
Arten von SaaS-Funding
SaaS-Unternehmen steht eine Vielzahl von Finanzierungsmodellen zur Verfügung. Gründende sollten sich vorab genau überlegen, wofür und in welchem Zeitraum sie das Kapital benötigen. Je nach Investment eignet sich eher Fremd- oder Eigenkapital.
Bootstrapping
Bootstrapping ist die Finanzierung eines SaaS-Unternehmens mit persönlichen Ersparnissen oder mit der Hilfe von Freunden und Familie. Bootstrapping ermöglicht es den Gründer:innen, die volle Kontrolle über ihr Unternehmen und ihre Beteiligung zu behalten. Allerdings kann es das Wachstumspotenzial aufgrund begrenzter Ressourcen auch einschränken.
Venture Capital
Venture Capital ist eine beliebte Finanzierungsart für SaaS-Startups. Gründende verkaufen Anteile und erhalten im Gegenzug Eigenkapital. Venture Capital ist bei SaaS-Unternehmen vor allem in Phasen gefragt, in denen sie viel Kapital benötigen. Allerdings geht damit auch ein Verlust der Kontroll- und Mitbestimmungsrechte einher.
Venture Debt
Venture Debt ist die Aufnahme eines Risikokredits kurz nach oder parallel zu einer VC-Finanzierung. Ein Startup erhält Fremdkapital, um zwischen zwei Finazierungsrunden liquide zu bleiben. Für SaaS-Startups, die bereits aus der Early-Stage heraus sind, kann das reizvoll sein. Sie müssen im Gegenzug für frisches Kapital weniger Unternehmensanteile abgeben. Venture Debt geht allerdings mit hohen Kapitalkosten, Garantien und Warrants einher.
Alternative Fremdkapitalfinanzierung
In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene alternative Finanzierungsmodelle etabliert, die sich speziell an SaaS-Unternehmen richten und Fremdkapital bereitstellen. Darunter fallen Instrumente wie Revenue Based Financing oder Recurring Revenue Financing. Sie nehmen die wiederkehrenden Umsätze eines Unternehmens in den Fokus.
Diese Lösungen sind in der Regel nicht-verwässernd. Sie beinhalten auch keine persönlichen Garantien oder Warrants. Sie lassen sich genau auf den Kapitalbedarf von SaaS-Unternehmen anpassen und bieten maßgeschneiderte Rückzahlungen an. SaaS-Startups beschaffen sich genau die Summe an Kapital, die sie aktuell benötigen und können ihr Funding flexibel erweitern. Auch re:cap bietet eine solches alternatives Finanzierungsmodell an, das auf Fremdkapital beruht.
Business Angels
Gerade in der Frühphase eines SaaS-Startups sind Business Angels als Investor:innen relevant. Sie treten dabei nicht nur als Kapitalgeber:in auf, sondern stellen auch Netzwerk und Know-How in Aufbau und Skalierung eines Unternehmens zur Verfügung. Bei vielen Startup-Fundings spielen Angel Investments zu Beginn eine wichtige Rolle.
Die Phasen eines SaaS-Unternehmens
Ein SaaS-Startup durchläuft verschiedene Unternehmens- und Finanzierungsphasen. In jeder gibt es bestimmte Kapitalbedürfnisse und Investitionsentscheidungen. Insbesondere die Phasen zwei und drei können kapitalintensiv sein.
Phase 1
Die Software des Unternehmens ist noch nicht live. Der Fokus liegt auf der Entwicklung und den ersten Tests einer Beta-Version, die ausgewählten Nutzer:innen zur Verfügung gestellt wird.
In dieser Phase des SaaS-Fundings kommt in der Regel das eigene Kapital der Gründenden, Business Angels oder Investitionen von Friends & Family in Frage.
Phase 2
Die Markteinführung des Produkts steht an. Die Software wird einem größeren Markt zugänglich gemacht und weiterentwickelt. Das Unternehmen fügt Features hinzu oder erweitert bestehende Funktionen. Es befindet sich zwischen Pre-Seed- und Seed-Phase.
Durch Sales-Maßnahmen gewinnt das SaaS-Unternehmen seine ersten Kund:innen. Es erhält erstmals Feedback von einem größeren Publikum zu seinem Angebot. Damit beginnt auch die Suche nach dem richtigen Product-Market-Fit.
Das ist die erste kapitalintensive Phase eines SaaS-Startups. Je nach Fall kann sich das Unternehmen für Venture Capital oder Business Angels öffnen. Es geht dabei um ein erstes Seed-Funding.
Phase 3
Das SaaS-Startup konnte bereits viele Kund:innen gewinnen und es wurde, zumindest temporär, Product-Market-Fit erreicht. Nun geht es darum, das weitere Wachstum auf Basis des bestehenden Kundenstamms voranzutreiben und das SaaS-Geschäftsmodell zu skalieren. Die Effizienz steht im Fokus.
Um das Geschäftsmodell zu skalieren, ist frisches Kapital nötig. In dieser Phase kann neben den klassischen Optionen zur Aufnahme von Eigenkapital auch eine Unternehmensfinanzierung mit Fremdkapital relevant werden. Denn: Das Unternehmen erzielt planbare und wiederkehrende Umsätze. Es wird dadurch für andere Investor:innen interessanter.
Phase 4
Das SaaS-Startup ist bereits einige Jahre erfolgreich am Markt. Es verzeichnet stabile Umsätze und hat sich gegen seine Konkurrenz durchgesetzt. In dieser Phase stehen weitere Wachstumsinitiativen wie Übernahmen oder der Eintritt in neue Märkte an. Es professionalisiert seine Strukturen weiter.
In dieser Phase können sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalfinanzierungen sinnvoll sein – je nach Zielen und Bedürfnissen des Unternehmens.
Unternehmensphase bestimmt Finanzierungsinstrument
Für jede Unternehmensphase und für jede Investition gibt es das passende Finanzierungsmodell. Mittlerweile haben Gründenden eine große Auswahl an Finanzinstrumenten zur Verfügung. Darunter fallen sowohl klassische Optionen als auch alternative Finanzierungen.
Die verschiedenen Phasen eines SaaS-Unternehmens sind geprägt von Wachstum, Skalierung und der Weiterentwicklung des Produktangebots. Gründende treffen insbesondere in Phase zwei und drei Entscheidungen, die langfristige Auswirkungen auf das Unternehmen haben können.
Eine Entscheidung über die Finanzierung sollte deshalb vorab genau abgewogen werden. Je nach Art kann es zu einer starken Verwässerung der Anteile kommen. Die Kapitalkosten spielen eine wichtige Rolle.
SaaS-Funding: relevante Metriken
Bevor Investor:innen eine Investitionsentscheidung treffen, schauen sie sich spezielle SaaS-KPIs an. Diese Metriken gibt es üblicherweise nur bei Unternehmen mit wiederkehrenden Umsätzen. Dazu gehören:
- MRR oder ARR
- Customer Acquisition Costs (CAC)
- Churn Rates
- Profit Margins
- Customer Lifetime Value (CLTV)
- Rule of 40
Herausforderungen beim SaaS-Funding
Der SaaS-Markt ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Damit einher gingen viele Neugründungen sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (Stichwort: Plattformökonomie). Das führt mittlerweile zu Herausforderungen beim SaaS-Funding. Dazu gehören:
- Marktsättigung: Der SaaS-Markt ist stark umkämpft, mit zahlreichen Anbieter:innen, die um Marktanteile konkurrieren. Die Kapitalbeschaffung in einem überfüllten Markt kann herausfordernd sein, insbesondere für Startups in der Frühphase ohne eindeutiges Alleinstellungsmerkmal.
- Churn und Kundenakquisitionskosten: Hohe Kundenabwanderungsraten und steigende Kosten für die Kundenakquise können Investor:innen abschrecken und die Liquidität belasten. SaaS-Unternehmen müssen wirksame Strategien zur Reduzierung der Kundenabwanderung und zur kosteneffizienten Kundengewinnung nachweisen.
- Bewertungsdruck: Das Gleichgewicht zwischen dem Bedarf an Kapital und der Beibehaltung angemessener Unternehmensbewertungen kann schwierig sein. Eine Überbewertung oder Unterbewertung eines SaaS-Unternehmens kann die Verhandlungen zur Finanzierung und die langfristigen Wachstumsaussichten beeinflussen.
- Schnelle technologische Veränderungen: Die SaaS-Branche zeichnet sich durch schnelle technologische Fortschritte und sich ändernde Kundenpräferenzen aus. SaaS-Unternehmen müssen sich schnell anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Finanzierung dieser Veränderungen bleiben deshalb fortlaufend relevant.
Fazit: SaaS-Funding spielt nach eigenen Regeln
Wie für alle Startups ist auch für junge Unternehmen mit SaaS-Geschäftsmodell die Finanzierung essenziell. Doch der SaaS-Markt ist hart umkämpft und wächst kontinuierlich. Von 2012 bis 2022 stieg der weltweite SaaS-Umsatz um mehr als 900%. Die Geschäftsmodelle vieler Startups sind mittlerweile auf SaaS ausgerichtet oder beinhalten entsprechende Komponenten, die auf Abonnements basieren.
Durch das Verständnis der verschiedenen Arten von Finanzierung, die Umsetzung effektiver Kapitalbeschaffungsstrategien und die Navigation durch die Herausforderungen des SaaS-Marktes können sich Gründer:innen und SaaS-Unternehmen das benötigte Kapital sichern, um ihre Unternehmen zu skalieren.
Die Finanzierung eines SaaS-Unternehmens funktioniert nach anderen Regeln. Investor:innen und Gründende ziehen Metriken als Grundlage für ihre Entscheidungen heran, die bei herkömmlichen Geschäftsmodellen eine untergeordnete Rolle spielen. Durch die vergleichsweise gute Vorhersagbarkeit von Umsätzen, lassen sich Investitionsentscheidungen exakter auf die Bedürfnisse von Unternehmen abstimmen – das spiegelt sich auch im SaaS-Funding wider.